Insolvenzrecht in Deutschland: Überblick über Ziele und Inhalte

Von Franziska L.

Letzte Aktualisierung am: 31. März 2024

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Insolvenzrecht – Das Wichtigste in Kürze

Was genau regelt das Insolvenzrecht?

Dieses Rechtsgebiet regelt die geordnete Schuldenregulierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Ziel ist zum einen die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger. Zum anderen sieht das Insolvenzrecht eine Restschuldbefreiung Schuldner vor, wenn es sich dabei um Einzelpersonen handelt.

Was bedeutet Konkurs?

Konkurs ist ein veralteter Begriff für Insolvenz. Einerseits bezeichnet der Begriff das Insolvenzverfahren und andererseits steht er für die Gründe, die zu einer Insolvenzeröffnung führen – also für die (drohende) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eines Schuldners.

Wann tritt das neue Insolvenzrecht in Kraft?

Zum Jahreswechsel 2020/21 ist rückwirkend zum 1.10.2020 eine wichtige Insolvenzrechtsreform in Kraft getreten: das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens.

Das Insolvenzrecht dient der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger und ermöglicht Schuldnern einen finanziellen Neustart mithilfe der Restschuldbefreiung.
Das Insolvenzrecht dient der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger und ermöglicht Schuldnern einen finanziellen Neustart mithilfe der Restschuldbefreiung.

Insolvenzrecht: Gesamtvollstreckung im Insolvenzverfahren

Zahlungsunfähig? Lassen Sie sich von einer Schuldnerberatung unterstützen. Sie hilft auch bei Fragen zum Insolvenzrecht.
Zahlungsunfähig? Lassen Sie sich von einer Schuldnerberatung unterstützen. Sie hilft auch bei Fragen zum Insolvenzrecht.

Wenn jemand seine Schulden nicht bezahlen kann, gibt es zwei Möglichkeiten der gerichtlichen Schuldenregulierung:

  1. Jeder Gläubiger kann seine Forderungen im Wege der Zwangsvollstreckung eintreiben. Diese Variante nennt sich auch Einzelvollstreckung.
  2. Der Schuldner oder einer seiner Gläubiger beantragt die Insolvenz und damit eine Gesamtvollstreckung zugunsten aller Gläubiger. Diese gemeinsame Befriedigung aller Gläubiger erfolgt in einem Insolvenzverfahren. Dieses Vorgehen wird auch Gesamtvollstreckung genannt.

Diese beiden Vollstreckungsarten unterscheiden sich wesentlich voneinander, wie die folgende Gegenüberstellung anhand einiger beispielhafter Punkte verdeutlicht:

Zwangsvollstreckung / Einzelvollstreckung:

  • Das Zwangsvollstreckungsrecht ist im Achten Buch der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt.
  • Ein Gläubiger verschafft sich einen Vollstreckungstitel gegen seinen Schuldner, um seine Forderung durchzusetzen.
  • Mit diesem Titel kann der Gläubiger auf das Einkommen und Vermögen des Schuldners zugreifen, z. B. im Wege einer Kontopfändung oder Lohnpfändung.
  • Bei der Einzelvollstreckung entscheidet der Gläubiger, ob und in welcher Form er gegen den Schuldner vollstreckt.
  • Eine Restschuldbefreiung ist nicht vorgesehen. Die Zwangsvollstreckung endet gewöhnlich erst, wenn alle Schulden getilgt sind.

Insolvenzverfahren / Gesamtvollstreckung:

  • Das Insolvenzverfahren ist im Insolvenzrecht, genauer in der Insolvenzordnung (InsO) geregelt.
  • In einem fest geregelten Verfahren werden alle Gläubiger eines insolventen Schuldners gleichmäßig befriedigt.
  • Hierfür benötigen die Gläubiger keinen Titel. Sie müssen ihre Forderungen lediglich zur Insolvenztabelle anmelden.
  • Bei der Insolvenz verwaltet, verwertet und verteilt der Treuhänder bzw. der Insolvenzverwalter das Vermögen des Schuldners.
  • Das Insolvenzgericht erteilt redlichen Schuldnern die Restschuldbefreiung. Das hierfür vorgesehene Restschuldbefreiungsverfahren dauert drei Jahre.

Einige Regelungen aus der Zivilprozessordnung finden auch im Insolvenzrecht Anwendung, beispielsweise die Vorschriften zur Pfändungsfreigrenze und die Pfändungstabelle. Diese spielen im Verbraucherinsolvenzverfahren eine wichtige Rolle, weil der Schuldner dort während der Wohlverhaltensphase den pfändbaren Anteil seines Einkommens zur Schuldentilgung an den Insolvenzverwalter abtreten muss.

Inhalte der Insolvenzordnung: Ziele, Verfahrensarten, Eröffnungsgründe

Insolvenzbekanntmachungen sind öffentliche Bekanntmachungen von Insolvenzverfahren im Insolvenzregister.
Insolvenzbekanntmachungen sind öffentliche Bekanntmachungen von Insolvenzverfahren im Insolvenzregister.

Das derzeitige Insolvenzrecht dient vor allem dem Ziel, alle Gläubiger eines überschuldeten bzw. zahlungsunfähigen Schuldners unter dem Aspekt der Gleichberechtigung so gut wie möglich zu befriedigen.

Gleichzeitig soll es dem Schuldner mithilfe der Restschuldbefreiung einen wirtschaftlichen Neubeginn ermöglichen, sofern es sich bei ihm um eine natürliche Person handelt.

Diese beiden Ziele sind gleich am Anfang der Insolvenzordnung, in § 1 InsO festgeschrieben.

In welcher Höhe die Forderungen der Gläubiger tatsächlich getilgt werden, hängt von der Insolvenzquote ab. Das ist der prozentuale Anteil der angemeldeten Insolvenzforderungen, den die Gläubiger zum Verfahrensende ausbezahlt bekommen. In der Praxis erhalten die Insolvenzgläubiger nur einen geringen Teil beglichen, weil das Schuldnervermögen, die sogenannte Insolvenzmasse nicht mehr hergibt.

Was gibt es für Insolvenzen?

Das Insolvenzrecht sieht drei verschiedene Verfahrensarten vor, die wir im Folgenden kurz umreißen wollen:

  • Regelinsolvenz: Dieses Insolvenzverfahren ist insbesondere für Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler vorgesehen, weshalb es umgangssprachlich auch Firmeninsolvenz genannt wird.
  • Verbraucherinsolvenz: Sie ist den meisten eher unter dem Begriff Privatinsolvenz bekannt. Dieses Verfahren richtet sich an Privatpersonen und ehemalige Selbstständige mit überschaubaren Vermögensverhältnissen. Überschaubar bedeutet hier, dass der Schuldner höchstens 19 Gläubiger haben und keine offenen Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen bestehen dürfen. Schuldner dürfen dieses Verfahren erst in Anspruch nehmen, wenn ein außergerichtlicher Vergleich mit allen Gläubigern gescheitert ist und eine anerkannte Schuldnerberatung oder ein Anwalt dies bescheinigt.
  • Nachlassinsolvenz: Mit diesem Verfahren bietet das Insolvenzrecht Erben die Möglichkeit, ihre Haftung für Nachlassverbindlichkeiten und geerbte Schulden auf den Nachlass zu beschränken, sodass sie nicht mit ihrem persönlichen Vermögen dafür aufkommen müssen.

Voraussetzungen einer Insolvenzeröffnung oder: Wann ist man pleite?

Insolvenzverschleppung: Nach dem Insolvenzrecht ist ein Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht strafbar.
Insolvenzverschleppung: Nach dem Insolvenzrecht ist ein Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht strafbar.

Das Insolvenzgericht eröffnet eine Insolvenz erst einmal nur dann, wenn der Schuldner oder einer seiner Gläubiger einen entsprechenden Insolvenzantrag stellt.

Darüber hinaus müssen zwei weitere Voraussetzungen vorliegen: ein Eröffnungsgrund und die Deckung der Verfahrenskosten.

Es muss ein sogenannter Eröffnungsgrund vorliegen. Zur Insolvenzeröffnung kommt es nur, wenn der Schuldner zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder wenn er zahlungsunfähig zu werden droht. Was im Insolvenzrecht unter diesen Begriffen zu verstehen ist, erläutert die Insolvenzordnung:

  • Zahlungsunfähigkeit, § 17 II InsO: Der Schuldner ist „nicht in der Lage […], die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.“
  • drohende Zahlungsunfähigkeit, § 18 II 1 InsO: „Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.“
  • Überschuldung, § 19 II InsO: Dieser Insolvenzgrund „liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, […]“

Darüber hinaus prüft das Insolvenzgericht als weitere Bedingung für eine Insolvenzeröffnung, ob das Schuldnervermögen voraussichtlich ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Ist dies nicht der Fall, weist es den Insolvenzantrag des Schuldners ab.

Damit auch mittellose Menschen die Chance auf eine vollständige Entschuldung erhalten, sieht das Insolvenzrecht für sie die Möglichkeit einer Verfahrenskostenstundung. Auf Antrag erhält der Schuldner einen Zahlungsaufschub und muss die Verfahrenskosten erst nach der erteilten Restschuldbefreiung tilgen.

Restschuldbefreiung: Gerichtlicher Schuldenerlass für natürliche Personen

Die Insolvenzversteigerung ist eine Möglichkeit, um Schuldnervermögen zu verwerten und zu Geld zu machen.
Die Insolvenzversteigerung ist eine Möglichkeit, um Schuldnervermögen zu verwerten und zu Geld zu machen.

Ein Aspekt kommt im Insolvenzrecht besondere Bedeutung zu – die Restschuldbefreiung für natürliche Personen.

Sie sorgt dafür, dass die Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nach der Verfahrensbeendigung nicht mehr per Zwangsvollstreckung durchsetzen können.

Für alle seit dem 1.10.2020 beantragten Insolvenzen dauert das Restschuldbefreiungsverfahren nur noch drei statt wie bisher sechs Jahre – ohne dass der Schuldner hierfür einen bestimmten Anteil seiner Schulden begleichen muss.

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (35 Bewertungen, Durchschnitt: 4,29 von 5)
Insolvenzrecht in Deutschland: Überblick über Ziele und Inhalte
Loading...

Über den Autor

Avatar-Foto
Franziska L.

Franziskas Herzensthema sind Finanzen sowie Verbraucherthemen rund ums Geld. Seit 2017 schreibt sie für schuldnerberatungen.org regelmäßig über Schuldenregulierung & Geldtipps, Pfändung & Insolvenz sowie über zivilrechtliche Fragestellungen. Dabei lässt sie auch ihr juristisches Knowhow aus Studium und Referendariat einfließen.

Bildnachweise

2 replies on “Insolvenzrecht in Deutschland: Überblick über Ziele und Inhalte”

Kevinsays:

Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Insolvenzrecht. Gut zu wissen, dass es dabei um die Schuldenregulierung geht. Ich denke, dass ich dafür einen Anwalt für Insolvenzrecht brauchen werde.

Mariosays:

wird das Kindergeld mit angerechnet

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert